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Dumont Reiseführer Bahia und Hansen-Bahia

 

  Eine Liebe zu Bahia / Hansen-Bahia

Das Fest der Schwarzen Schwestern

Infos

 

 

 

Cachoeira und São Felix

Seine größte wirtschaftliche Bedeutung hatte Cachoeira im 17. und 18. Jh. als Zentrum des Zuckerrohranbaus sowie als Umschlagsplatz für Waren aus dem Hinterland und aus Lissabon. Goldsucher, Abenteurer, Händler und Missionare, die nach Minas oder in den Sertão wollten, ließen sich auf Segelschiffen nach Cachoeira bringen, von wo sie auf Mauleseln, mit dem Ochsenkarren oder zu Fuß weiterreisten. 

Umgekehrt wurden Diamanten und Gold aus Minas Gerais, aber auch aus der Chapada Diamantina nach Lissabon verfrachtet. Das kleinere São Felix diente dabei vor allem als Lagerplatz. Deshalb gibt es dort auch nur wenige repräsentative  Bauten aus der Blütezeit der Stadt. Die Handelskontore, Verwaltung und der Rat residieren in Cachoeira. Die meisten Straßen, Gebäude, Plätze, stammen  aus dem 17. und 18. Jh. Seitdem ist aber auch nicht mehr viel mit ihnen geschehen. Viele Gebäude sind renovierungsbedürftig und werden schon seit Jahren mit abenteuerlichen Konstruktionen gestützt. 

Das einzige moderne Bauwerk der 28000 Einwohner zählenden Stadt steht etwa 5 km flußaufwärts. In den 80er Jahren wurde dort eine Talsperre errichtet, um die jährlichen Überschwemmungen am Paraguaçu zu vermeiden. Doch 1990 sahen sich die Ingenieure aufgrund der starken Regenfälle gezwungen, die Schleusen zu öffnen, um zu verhindern, daß die Wassermassen den Staudamm zerstörten. Die Folge: Zehn Tage standen große Teile der Doppelstadt unter Wasser. Mit Kanus retteten die Menschen ihre Habseligkeiten auf die Hügel der Stadt. 

 Wir beginnen unseren Rundgang bei der Klosteranlage der Karmeliter, deren Gebäudekomplex sich von der Praça da Aclamação in die Rua Inocêncio Boaventura hinein erstreckt. Die Igreja Convento Nossa Senhora do Carmo ist die erste Kirche, die der Orden in Brasilien errichtete. Die Karmeliter blieben hier allerdings nur bis Mitte des 18. Jh. Nach den Unabhängigkeitskämpfen (1822/23) war die Garnison der »Patrioten des Recôncavo« in  den Gebäuden untergebracht, eine von Großgrundbesitzern finanzierte Armee aus ehemaligen Sklaven, Indios und armen Landarbeitern, die sich gemeinsam gegen die Kolonialmacht erhoben hatten. Später wurde die Anlage während einer Choleraepidemie zu einem Notkrankenhaus umfunktioniert. Durch die jahrhundertlange zweckfremde Nutzung war der Innenraum des Sakralbaus so heruntergekommen, daß der Orden beschloß, Kirche und Kloster zu vermieten. Heute dient die schmucklose Kirche als Versammlungsraum und Festsaal, in der Klosteranlage ist eine Pousada untergebracht. 

Die Karmeliter müssen jedoch bis heute nicht auf ihren eigenen Betraum verzichten, denn direkt neben der Carmo-Kirche befindet sich die außergewöhnlich schöne Capela e Casa de Oração da Ordem  Terceira do Carmo (1702) ihres Laienordens. Im Innern der Sakristei beeindruckt ein Wandschrank, der die gesamte Längswand einnimmt. In seinen sieben Fächern stellen fast menschengroße Skulpturen den Leidensweg Christi dar. Diese Passionsfiguren aus Holz und Gips, deren mit Rinderblut gemalte Wunden täuschend echt wirken, werden jedes Jahr in der Osterwoche bei einer Prozession durch die Straßen Cachoeiras getragen. Die geschlitzten Augen sowie der Haar und Bartschnitt der Figuren lassen deren Herkunft erahnen: Sie stammen aus der portugiesischen Kolonie Macau in China. Über den großen Kommoden in der Sakistrei hängt ein fein ziseliertes Kreuz aus schwarzem Palisander - Holz mit einer Christusstatue aus Elfenbein, die mit Rubinen besetzt ist. 

Das Gebetshaus mit seinen vergoldeten Schnitzereien und Verzierungen erinnert an die Igreja de São Francisco in Salvador, nur sind hier im Gegensatz zur etwa 50 Jahre früher erbauten Franziskaner Kirche in der Hauptstadt, bereits, einige Rokoko-Elemente aufgenommen. Im ersten Stock befindet sich neben einem kleinen Raum, in dem Gläubige ihre Exvotos anbringen, eine große, kniende Jesusfigur mit dem Kreuz auf den Schultern, die auch aus dem chinesischen Macau stammt. Von der Chorempore haben wir noch mal einen schönen Überblick über die Baustruktur der reich verzierten Kirche,   (Mo - Sa 14-17 Uhr, So geschl.,
kompetente Führung in portugiesisch durch  Fr. Elisabeth). 

Um die Praça da Aclamação (= Ausrufung) vor der Kirche sind einige historische Gebäude gruppiert: An der Kopfseite steht die barocke Casa da Câmara e Cadeia (1698 und 1712), der Sitz des Stadtrates und das Gefängnis, hier riefen die Bürger aus Cachoeira am Morgen des 25. Juni 1822 die Unabhängigkeit von Portugal aus - und wurden prompt vom Kanonenboot portugiesischen Kommandanten bombardiert, das im Fluß  stationiert war. Drei Tage später, am 28. Juni, gewannen die Cachoeiraner die erste Schlacht im Unabhängigkeitskampf: Denn es gelang ihnen, das außer Gefecht gesetzte Schiff zu stürmen, weil der Wasserspiegel des Paraguaçu bei Ebbe überraschend stark gesunken war, so daß die Karavelle aufsetzte. 

Gegenüber dem Rathaus - das besichtigt werden kann - befindet sich das Museu Regional (Di -Fr  9 -12 und 14-17, Sa 14 -17, So 9 -12.30 Uhr), ein Bügerhaus (1723), in dem etwas lieblos Kolonialmöbel ausgestellt sind. Eine Rarität ist der mit Elfenbeinintarsien geschmückte Kassenschrank, der vermutlich arabischen Ursprungs ist. 

Die Rua 25 de Junho führt hinunter an den Texeira de Freitas Platz, dessen Bars und Restaurants am Wochenende großen Zulauf von Jugendlichen aus der Umgebung bekommen. Wir gehen von der Praça da Aclamação weiter geradeaus in die Rua Ana Nery, benannt nach der legendären Krankenschwester Ana Nery. Nachdem alle ihre Söhne im Krieg gegen Paraguay (1864 -1870) in den Kampf gezogen waren, hatte sie sich als 50 jährige Witwe zum freiwilligen Einsatz an der Front gemeldet und zahlreichen Brasilianern das Leben gerettet. Ana Nery wurde vom König Dom  Pedro als »Mutter der Brasilianer« ausgezeichnet. An der ersten Straßenecke links steht ihr   Geburtshaus, in dem z.Zt. das Museu Hansen Bahia (Mi - Mo 8 -12 und  14 -17 Uhr, Do 8 -12 Uhr, Davi Rodrigues gibt gerne Auskunft über Hansen und Cachoeira) untergebracht ist. In der Ausstellung sind viele seiner Holzschnitte über die Frauen des Pelourinho wie auch sein  berühmtestes Werk, das »Drama des Kreuzwegs« (ebenfalls Holzschnitte), zu sehen. 

An der nächsten Straßenecke liegt die Kapelle Matriz Nossa Senhora
do R
Stadtplan Cachoeira  neu 3.jpg (54597 Byte)osário. Cachoeiras Stadtgründer, die Großgrundbesitzer Dias Adorno und Rodrigues Martins, ließen sie 1639 erbauen. In der Kirche, deren Portale und Heiligenstatue über dem Haupteingang aus italienischem Carrara-Marmor gehauen sind, befinden sich zwei aus Portugal eingeführte Azulejos-Wände. Die Kirche ist inzwischen wieder geöffnet. Das Museu das Alfaias (= Religiöser Schmuck), das im Kreuzgang der Matriz untergebracht ist, wurde geschlossen, nachdem dort mehrere der wertvollen Stücke gestohlen wurden.Wir gehen an der Matriz - Kirche entlang in Richtung Fluß, bis wir auf die Rua 13 de Maio treffen. In dem restaurierten Eckhaus hat  seit letztem Jahr die Irmandade da Boa Morte ihren Sitz. Im Erdgeschoß sind Fotos ausgestellt, die einen Eindruck über die geheimnisvolle Prozession der Glaubensschwestern im August vermitteln. Auch die Figur der Nossa Senhora de Aparecida ist zu sehen. Der erste Stock wird für kulturelle Aktivitäten genutzt, hier hängen einige sehr schöne, von bahianischen Künstlern gestiftete Werke. Die steile Travessa do Barroso führt uns zur Kapelle Nossa Senhora da Ajuda. Diese einfache weiße Kapelle ist der älteste Sakralbau der Stadt (1595 -1606). Die Steine wurden mit Rinderblut als Mörtelersatz zusammengehalten. Leider ist die Kapelle fast immer verschlossen. 

 

 

Außer den beschriebenen Sehenswürdigkeiten lassen sich in Cachoeira schöne Spaziergänge über die Hügel Cachoeira Ansicht neu jpg.jpg (84891 Byte)und durch die Straßen entlang des Flusses unternehmen. Jahrhunderte beförderten ausschließlich Einbäume die Menschen über den Rio Paraguaçu, der den Ort von São Félix  trennt.   Seit 1885 verbindet die gewaltige 365 m lange Dom Pedro- II - Brücke die Städte, die der Kaiser persönlich einweihte. Das Strahlkonstrukt stammt von einer englischen Firma, die die Brücke ursprünglich für den Nil konzipiert hatte. Sie wirkt eigentümlich überdimensioniert zwischen den verschlafenen Dörfern. Und noch heute lassen sich manche Bewohner lieber von den Einbäumen der Fischer übersetzen. 

Die Nachbarstadt São Félix (12 000 Einw.) Ist kleiner und architektonisch weniger interessant als Cachoeira. Daß sie heute eine eigene Gemeinde ist und nicht einfach von Cachoeira verschluckt wurde, liegt an einem Deutschen. Der Bremer Kaufmann Gerhard Dannemann war 1872 nach Bahia gekommen. Grund war die Mata Fina, eines der weltweit besten Anbaugebiete für Zigarrentabak. In zwei Jahrzehnten avancierte Dannemann zum größten Unternehmer in Bahia. Seine Zigarren waren eines der ersten brasilianischen Produkte der Nachkolonialzeit, die sich auf dem europäischen Markt durchsetzen konnten. Durch seine unternehmerischen Aktivitäten wurde aus dem Marktfleckchen ein ansehnliches Städtchen. 1889, aus dem Bremer Gerhard war inzwischen ein bahianischer Geraldo geworden, wählte man ihn zum ersten Bürgermeister in São Felix. 

Auch heute noch ist Dannemann in Cachoeira und São Félix präsent: Direkt am Fluß hat die Zigarrenfirma ihr ehemaliges Mutterhaus zurückgekauft und darin ein Kulturzentrum eingerichtet (Av. Salvador Pinto, 29   

Tel. 7 24 -12 08, Di - So 8 -17 Uhr). In dem schön hergerichteten Gebäude werden Bilder von Künstlern der Region ausgestellt. Jeden November veranstaltet das Kulturzentrum musikalische Wettbewerbe von einheimischen Blasorchestern (Filamônicas), eine Tradition im Recôncavo, die im Aussterben begriffen ist. Alle zwei Jahre findet im Centro eine große Biennale statt, bei der Kunstwerke aus dem Recôncavo gezeigt werden. Hunderte von Künstlern beteiligten sich mit Performance, Skulpturen Gravuren, Installationen, Videos, Konzerten etc. daran. 

Eine kleine steile Gasse (Ladeira de Santa Bárbara) aufsteigend, gelangt man nach etwa einer Viertelstunde zur Fazenda Santa Bárbara, dem letzten Wohnsitz und Atelier von Hansen Bahia, in dem zahlreiche seiner Werke und Fotos zu sehen sind. Das Atelier mit den Druckstöcken, Pinseln und Gravurmessern wirkt, als habe der Künstler es nur für ein paar Minuten verlassen. In einem kleinen Tempel vor dem Wohnhaus mit schönem Panoramablick über das ganze Paraguaçu-Tal  sind Hansen und seine Frau beerdigt. Die Hansen - Bahia Stiftung bemüht sich derzeit, das Haus zu restaurieren und das Werk vor dem Verfall zu bewahren.   

                          

Eine Liebe zu Bahia  

Der Künstler Karl-Heinz-Hansen 

» Ich wurde zweimal geboren. Einmal in Hamburg und das zweite Mal in Bahia«, pflegte Hansen Bahia zu sagen, die Hamburger Geburt hat kaum einen Wert. Ich bin Bahianer.« 

Erst 40 jährig kam der deutsche Expressionist zum ersten Mal nach Bahia. Der ehemalige Seefahrer, Kinderbuchautor und Professor hatte zuvor acht Jahre in São Paulo doziert. Bahia faszinierte den Künstler. Er läßt sich im Pelourinho- Viertel in Salvador nieder und   beginnt, die Prostituierten und  Seemänner, die afrikanisch  geprägten Märkte, die Streitereien zwischen Betrunkenen, Zuhältern und Marktfrauen abzubilden. »Auf keinem Ort der Welt gibt es eine stärkere künstlerische Quelle als hier in Bahia«, bemerkte Hansen einmal. 

»Das erste Buch Flor de São Miguel«, in dem seine Holzschnittsammlung über die Frauen des Pelourinho vorgestellt wird, macht ihn in Europa auf einen Schlag bekannt. Dennoch ist Hansen 1958 gezwungen, wegen chronischem Geldmangel nach Europa zurückzukehren. Aus seinem geplanten kurzen Europa-Aufenthalt werden sieben Jahre, in denen er zu einem der führenden deutschen Holzdrucker wird. 1965 führt ihn ein Lehrauftrag an die königliche Akademie nach Addis Abebba in Äthiopien. Nachdem er mit seinen afrikanischen Schülern im Jahr darauf eine vielbeachtete Wanderausstellung durch Europa beendet hat, kehrt er nach Bahia zurück und nennt sich von nun ab nur noch Hansen-Bahia. 

Zuerst wohnt Hansen Bahia in Salvador, doch in der Stadt, die immer hektischer wird und rasant zu wachsen beginnt, findet er sich nicht mehr zurecht. 1976 zieht er nach São Félix, in ein Atelierhaus über dem Dorf - mit schönem Blick über Cachoeira und den langsam dahinfließenden Rio Paraguaçu. Am Ostermorgen des Jahres zuvor hatte er nach sechsmonatiger Arbeit sein berühmtestes Werk vollendet, das »Drama des Kreuzwegs«. Jorge Amado nannte den Zyklus »ein herausragendes Kunstwerk unserer Zeit, ein unüberhörbarer Aufschrei, geformt aus Zorn, Galle, Blut und einer tiefen Liebe zur menschlichen Natur«. Kritiker vergleichen das Werk mit Picassos Guernica 1976, zwei Jahre vor seinem Tod, vermachte der Künstler sein 3000 Bilder umfassendes Oeuvre der von ihm mitgegründeten Karl-Heinz Hansen-Stiftung.

 

Die beiden Orte der Doppelstadt sind berühmt für ihre Feiern: Die Johannisfeste Ende ]uni sind im gesamten Inland des Nordostens populär und für die Einheimischen so wichtig wie Weihnachten oder Ostern. Zu São João, das im kalten, regnerischen Winter gefeiert wird, geht es lustig zu: zum Forró, einer Art schnellen Polka, tanzen die Paare auf mit bunten Wimpeln geschmückten Tribünen, die eigens für das Fest aufgebaut werden. Quadrilhas, Tanzgruppen aus der Umgebung wettstreiten um die Gunst der Zuschauer, eingeheizt wird mit selbstgebrannten Likören aus Zuckerrohrschnaps und Früch­ten wie Genipapo oder Maracuja und über Holzkohlenfeuer geröstetem Mais, Die dunklen Juninächte werden mit Feuerwerkskörpern, Fackeln und Böllern erhellt – nicht ganz ungefährlich, weil die meisten davon im Eigenbau fabriziert werden. In den Candomblés werden Feste für Xangô den Gott über Blitz und Donner, ausgerichtet. Während des São-João -Festes ziehen Freundesgruppen durch die Städtchen, tanzen und trinken, bewerfen sich gegenseitig mit Böllern und Fackeln und werden in jedem Haus mit einem reich gedecktem Tisch empfangen.  

Am Freitag vor dem 15. August erlebt Cachoeira die feierliche Prozession der Irmandade da Boa Morte, zu  dem auch viele ausländische Touristen anreisen (Hotelzimmer sind dann rar ! )   Im Oktober und November liegen die Feste zu Ehren der Schutzheiligen der Stadt, Nossa Senhora do Rosário, und der Nossa Senhora da Ajuda, die die Musiker schützt. Auch diese beiden Feste haben afro-brasilianischen Charakter. Es spielen die lokalen Blocos Afros und      Reggae - Gruppen, Baianas tanzen in einer Samba-de-Roda und junge Männer messen sich in der Capoeira. Den krönenden Abschluß bildet am 4. Dezember das Santa Bárbara-Fest, bei dem gleichzeitig die afrikanische Göttin Iansa geehrt wird.        

Ausflüge von Cachoeira: An der Straße von Cachoeira nach Santo Amaro zweigt nach etwa 4 km eine nicht asphaltierte Piste an einem Schild mit der Aufschrift »Belém« (= Bethlehem) nach links ab und führt uns nach 3 km zur großen Dorfanlage des Ortes. Hier haben die Jesuiten ihr erstes Seminar in Brasilien errichtet. Von der Anlage ist aber nur noch die Kirche von 1686 erhalten. Interessant im Inneren sind Deckenmalereien mit den Heiligen und orientalisch wirkenden Blumenornamenten. Die Porzellanziegel des Turms haben die Jesuiten aus Macau importiert. 

 

Das Fest der Schwarzen Schwestern 

Meist ist es kalt und regnerisch, wenn die Schwesternschaft des Guten Todes, die Irmandade da Boa Morte, ihr Fest in Cachoeira feiert. Die Feierlichkeiten beginnen in der Boa Morte neu.jpg (34274 Byte) Freitagnacht vor dem 15. August, der in Bahia als Totenmonat gilt. Die Heiligenfigur der Nossa Senhora da Boa Morte liegt auf weißen Blumen gebettet, aufgebahrt unter einem durchsichtigen Tuch. Trauergemeinde und Schwestern versammeln sich um die Heilige. Sie tragen die typischen weißen Kleider der Baianas, verhüllen auch noch den Kopf mit weißen Tüchern, doch um die Schultern haben sie schwarze Samtstolas gelegt. Der katholische Priester liest eine Messe und führt dann den Trauerzug an. Männer, deren Zugehörigkeit zum Candomblé offensichtlich ist, tragen die Heilige durch die engen Gassen, die schwarzen Schwestern ziehen hinterher. Ein Bild, das in Erinnerung bleibt: das flackernde Licht der Fackeln, das nur schwach die dunklen Gesichter erhellt, das feuchte Kopfsteinpflaster und die verfallenen kolonialen Häuser Cachoeiras. 

Anfang des 19. Jh. gründeten schwarze Sklavinnen in Cachoeira die Schwesternschaft (Irmandade), um unter dem Schutz der katholischen Kirche für die Abschaffung der Sklaverei zu kämpfen. Die Irmandade war gleichzeitig eine Art Sklaven-Selbsthilfe: Die Schwestern pflegten kranke oder von ihren Herren wegen Alter in die Armut entlassene Sklaven und kauften sie teilweise frei. Außerdem setzten sie durch, daß Sklaven beerdigt wurden und nicht, wie vorher üblich, einfach ins Meer geworfen wurden. Schutzpatronin der Schwesternschaft wurde die katholische Nossa Senhora da Boa Morte (Heilige Mutter des Guten Todes), zu deren Ehren die Schwestern jedes Jahr das Fest veranstalten, zu dem inzwischen vor allem Afro-Amerikaner und Afrikaner nach Bahia kommen. Heute gehören nur noch 24 Frauen aus dem Recôncavo der Schwesternschaft an - zu den besten Zeiten waren es über 200. Aufgenommen werden nur Frauen ab 40 Jahren. Erst dann so die Schwestern - verlieren die Frauen materielle und sexuelle Interessen und erlangen die zur geistigen Hingabe nötige Reife. Mindestens drei Jahre bleibt eine neue Kandidatin unter der Aufsicht der älteren Schwestern. Während dieser Zeit wird sie in die vielen Regeln und Gepflogenheiten der Gemeinschaft eingeführt. 

Die Irmandade ist eine zur katholischen Kirche gehörende Gemeinschaft, die aber auch von afrikanischen Traditionen geprägt ist. So gibt es neben den Prozessionen, Totenwachen und Messen auch nicht-öffentliche Rituale. Ab Anfang August finden die aus Afrika stammenden Candomblé-Rituale statt, etwa Reinigungsbäder des Körpers und der Seele oder später, während und nach dem Fest der Nossa Senhora Opferungen für afrikanische Götter. Ihr Synkretismus hat öfters zu Ärger mit der Amtskirche geführt. Einige der Schwestern verleugnen offiziell jegliche Verbindung zum afrikanischen Glauben - aus Angst, daß katholische Pfarrer sich weigern könnten, die Messen zu lesen. 

Das Fest der Boa Morte hat einen festen, seit Jahrhunderten gleichen Ablauf. Freitag nacht gibt es nach dem Trauerzug die Ceia branca, ein Essen ohne Dendê-Öl (Freitag ist der Tag Oxalás, an dem man dieses Öl nach afrikanischer Tradition nicht zu sich nehmen darf). Am Samstag fasten die trauernden Schwestern und sind  in schwarze Kleider gehüllt. Am Sonntag wird die Auferstehung der Nossa Senhora mit einer weiteren Messe und Prozession gefeiert. Aufrecht wird die Heiligenfigur durch die Straßen getragen. Die Schwestern tragen Festkleider: über weiße Spitzenblusen legen sie schwarze Samtstolas, aber so, dass das rote Satinfutter zu sehen ist. Sie tragen weiße Turbane und weite schwarze Plissee-Röcke. Schwer hängen Gold- und Muschelketten, sowie die Perlenschnüre in den Farben der Orixás um ihren Hals. 

Nach dem Mittagessen, einer Feijoada, dem brasilianischen Bohnengericht, beginnt der profane Teil der Feiern mit einer Samba-de-Roda. Bei diesem traditionellen Samba bilden die Schwestern einen Kreis um die Tanzenden und begleiten sie mit Händeklatschen. Erst am Dienstag morgen endet das Fest mit geheimen Zeremonien für die Orixás und für die Seelen der Verstorbenen.

 

 

   Anreise mit Bus:

fahren alle zwei Stunden von Salvador nach Cachoeira

Abfahrt und Ankunftzeiten: (Consulta ao Sistema de Transporte Intermunicipal de Passageiros

http://www.agerba.ba.gov.br/transporte/duas_localidades.asp

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*Mehrmals täglich fahren Busse von Cachoeira nach Belém, aber nur wegen der Kirche lohnt sich die Fahrt nicht. Zu empfehlen                                                                             ist der Abstecher für Touristen mit Mietauto auf der Fahrt nach Santo Amaro/Salvador

 

   Unterkunft:

Pousada do Convento Praca da Aclamaçao ohne Nr./ Rua Inocêncio Boaventura                                                                                                                                                  Tel 55 (75) 34251716, schöne Pousada im Karmeliterkloster.  

http://www.pousadadoconvento.com.br/

Günstige Übernachtungsmöglichkeit - Cachoeira Apart-Hotel Rua Prisco Paraiso 2  Centro Próx. A Rua do Porto     Tel 55 (75) 34253428   

 

http://www.cachoeiraaparthotel.com.br/

    Restaurants:

Restaurant "A Confraria" in der Pousada do Convento - Gewinner des Preises von dem Magazin Quatro Rodas   2007+2008    Essens-Tipp Maniçoba (regionale Spezialität)

http://g1.globo.com/bahia/flica/2013/noticia/2013/10/veja-opcoes-de-bares-e-restaurantes-para-comer-bem-em-cachoeira.html

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   Besichtigung  von Tabakmanufakturen:

Infos und Anmeldung Centro Cultural Dannemann Av. Salvador Pinto, São Felix    Mo-Fr 9-17 Uhr

Tel. +55(75) 34382500    

http://www.terradannemann.com/de/  

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   Einkäufe:  Cachoeira ist bekannt für seine Holzschnittarbeiten. Maluco
 (Verrückter), Maluco Filho (Sohn des Verrückten) und Doidão
 (Spinner) heißen ein paar der knapp ein Dutzend Schnitzer, die
 alle irgendwie miteinander verwandt sind und schon seit vielen
 Jahren Figuren und Reliefs nach allen möglichen Motiven und
 Größen herstellen. Hinter dem Wochenmarkt gibt es Zigarren
 aus einer kleinen Manufaktur,nach Hermano fragen! 

 

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